….schreibe ich heute endlich mal wieder ein paar Zeilen. Stephan nimmt mit seiner Volleyball-Mädchenmannschaft an einem Freundschafts-sturnier teil, und ich begleite ihn, weil das fast eine Ganztags-angelegenheit ist und allein recht langweilig sein kann. Samstags um 6.30h aufzustehen ist zwar kein Zuckerschlecken, und auch 2,5h Stunden Busfahren nicht – aber dafür haben die Kids wenigstens ihren Spaß.
Wir sind nach Tianjin aufgebrochen – einer neuen Wirtschaftsmetropole östlich von Beijing, nah am Meer (welches wir aber weder gesehen, noch gerochen haben). Angeblich ist Tianjin die wirtschaftlich erfolgreichste Stadt Chinas, aber diesen Titel beanspruchen mindestens noch 10 andere Städte (oder mehr?), wo Aufbruchsstimmung herrscht. Wir sind durch einen nigelnagelneuen Statdtteil gefahren – die Stadt wirkt wie ein Satellit Pekings; Neubauten, wo wir auch hinsehen – nichts Altgewachsenes; da freue ich mich auch mal wieder auf den Anblick der hannoverschen Altstadt J Die gastgebende Schule wirkt genauso neu wie der Stadtteil und steht in der wirtschaftlichen Entwicklungszone der Stadt (toller Name für einen Stadtteil, oder?), aber die Sporthalle ist gut geheizt –wichtig, weil wir uns letztes Jahr an einer anderen Schule auch schon den Popo abgefroren haben.
Die Mädchen haben das erste Spiel verloren, sind aber ganz gut gelaunt, und wir feuern sie auch bei der nächsten Begegnung wieder an. Die junge Mannschaft muss noch Erfahrung sammeln und wachsen! Stephan coacht, gibt Tips und verbreitet eine positive Stimmung!
Berichten möchte ich aber von vielen anderen Erlebnissen, die sich in den letzten Monaten ereignet haben. Es sind vor allem Aktivitäten, die im schulischen Zusammenhang stehen, doch ihr wisst ja bereits alle, dass wir zum Arbeiten hier sind. Trotzdem gibt es auch immer wieder die Möglichkeit auszubrechen – auch wenn es nur für kurze Zeit ist, so bleiben doch gerade diese Erlebnisse im Kopf, weil sie intensiv sind:
Im September bin ich nach Bangkok zur Fortbildung geflogen, hatte aber auch einen freien Tag, weil ich bereits am Samstagabend angereist war. So konnte ich den ganzen Sonntag lang die Stadt entdecken, und trotz meiner Befürchtungen, dass das allein ja ganz ungewöhnlich für mich sei – denn Stephan und ich reisen doch sonst nur gemeinsam – und deshalb vielleicht weniger Spaß machen könnte, habe ich den Tag sehr genossen.
Ich habe mir einfach einen Tempel ausgeguckt, den ich besichtigen wollte. Bei der Qual der Wahl ließ ich mich von dessen Lage inspirieren. Denn „Wat Po“ liegt fast direkt am Fluss, der die Stadt teilt. Und da eine Fahrt durch die Kanäle (Klongs) ebenfalls für diesen Tag auf meiner Wunschliste stand, war schnell ausgemacht, dass ich eben in jenem Tempel ein bisschen Ruhe suchen wollte. Es war natürlich weniger ruhig, doch mit chinesischen Strömen verglichen immer noch viel geruhsamer. Ich lief einfach immer weiter hinein, genoss den esoterischen Klang der Musik, die mich begleitete und den Anblick der bunten Stupas.
in der Tempelanlage „Wat Po“
Die Wärme und der Geruch der Stadt erinnerten mich sehr an Jakarta und auch die Essstände an den Straßen erschienen mir sehr einladend. Gebratenes Fleisch und Gemüse, Reiskugeln und frisches Obst für wenig Geld, und die freundlichen Gesichter der Verkäufer……es fühlte sich herrlich exotisch an. Also stromerte ich durch die Straßen und lief hinüber zu einer der vielen Anlegestellen am Fluss. Eine junge Britin und ich schlossen uns zusammen um noch ein deutsches Pärchen zu einer gemeinsamen und deshalb günstigeren Klongfahrt zu überreden. Kaum verließen wir den Hauptfluss, befanden wir uns (gefühlt wie) auf dem Land. Links und rechts von uns verrichteten die Thai ihre Tagewerk, …
Flussfahrt im Klong
wuschen Wäsche im Fluss, die Kinder fischten und die Verkäufer fuhren von Haus zu Haus mit ihren Booten, die mit Haushaltswaren oder Marktprodukten beladen waren. Es gibt dort auch ganz schwimmende Märkte – einen Marktplatz eben; nur auf dem Wasser. Sicher, ein romantisiertes Bild, das ich als Tourist hatte, aber viel Alltagsleben läuft tatsächlich noch so ab. Auch wenn der Stadtkern mit Hochhäusern gespickt ist, fehlt trotzdem noch der Schritt in die Moderne und alles wirkt ein bisschen schäbig und dreckig – aber das ist mir auch sehr lieb, wenn es denn südostasiatisch ist. Jedenfalls konnte ich diese Tag voll und ganz genießen; habe mit der Britin irgendwo ein Reisgericht am Straßenrand gegessen, anschließend haben wir uns mit der Rikscha zu einem Markt in der Stadt fahren lassen und freuten uns über das verwirrende Angebot – Porno DVDs neben Batterien und Lutschern und Gemüse.
Rikschafahren mit dem „shoegal“ aus GB
Abends traf ich dann schon die ersten Kollegen, mit denen ich mich fortbilden ließ – insgesamt 25 aus verschiedenen deutschen Schulen Ost- und Süd-Ostasiens. Von Neu Dehli bis Taipeh über Tokio und Jakarta……da gab es genügend Anknüpfungspunkte und sogar gemeinsame Bekannte, über die wir reden konnten. Es folgten dann aber auch drei volle Tage mit Schulung von 9-18h, die wir alle sehr engagiert gestalteten.
Highlight der Woche war dann aber sicher mein abendlicher Ausflug mit einem Kollegen in eine Skybar im 70.Stock (oder so) eines Hotels. Atemberaubend, nur durch ein gläsernes Geländer von der Stadt getrennt zu sein. Die Lichter der Hotels und Boote auf dem Fluss funkelten, und wir schlürften einen Cocktail – toll! Dass wir über 1,5h im Taxi saßen , um die letzten 2 Kilometer dann doch zu Fuß zu gehen , hatten wir dann tatsächlich vergessen 🙂
So, kleine Unterbrechung, denn die Mädels absolvieren nun ihr zweites Spiel – da heißt es: Daumen drücken! –
– Die Mädchen haben eine sehr akzeptable Leistung abgeliefert, mit 2 gewonnenen und nur einem verlorenen Spiel; und sie hatten wirklich Spaß und haben Mannschaftssinn bewiesen. Da fahren wir nun fröhlich heim – nur schade, dass wir etwa noch 2h im Bus sitzen werden.
Somit habe ich aber auch genügend Zeit von meiner neuen Tätigkeit als regionale Fortbildungskoordinatorin zu berichten: ich hole mal ein wenig aus……..
Die Standorte der Auslandsschulen sind insgesamt in 23 Regionen aufgeteilt, wobei einige sehr eng kooperieren. Jede Region umfasst etwa 10-12 Schulen, deren Schulleiter miteinander kooperieren und z.B. das neu eingeführte regionale Abitur absprechen…..ähnlich dem Zentralabitur in den Bundesländern, nur, dass wir hier im Ausland noch nicht ganz so weit sind; die Aufgaben werden immer noch von den Lehrern erstellt und eingereicht, aber dazu wird in den Regionen zusammengearbeitet, damit nicht jede Schule diesen riesigen Aufwand betreiben muss. Die Regionen werden für diese Kooperation auch von der Zentralstelle des Auslands-schulwesens bezuschusst, um z.B. auch Fortbildungen anzubieten. Die Themen dazu sollen in den Regionen abgestimmt werden, damit auch alle Schulen davon profitieren können. Genau diese Koordinationsaufgabe habe ich nun mit Schuljahresbeginn übernommen, werde eng mit Singa-pur zusammenarbeiten (dort liegt das Fortbildungszentrum unserer Partnerregion!). Auf einer Fortbildung in Köln, die im Oktober stattfand, habe ich die 22 anderen Mitstreiter weltweit kennengelernt, und mit ihnen an Reformen usw. gearbeitet. Zurück in Beijing habe ich dann (Anfang November) in meiner neuen Rolle, die Schulleiter der Region über weitere Vorhaben und Belange bezüglich des Themas Fortbildung informiert. Diese Schulleitertagung fand in Beijing, bei uns an der DSP, statt, wird aber rotierend zukünftig auch wieder an anderen Schulen stattfinden. Dann werde ich meine Schulleiterin dorthin begleiten – und somit ist klar, dass ich auch demnächst wieder unterwegs sein werde. Nächstes Halbjahr in Singapur, Tokio und Shanghai! Toll, wie ich finde, aber die Kehrseite der Medaille ist natürlich, dass mein Unterricht trotzdem laufen und ich vieles vor- und nachbereiten muss. Trotzdem ist der Ausblick darauf, immer wieder auch etwa Anderes als „nur“ Unterricht zu machen sehr interessant.
Die Tage in Köln – eine ganz Woche – waren gespickt mit Infos, und die Tage waren lang. Toll, dass wir alle uns untereinander sofort gut verstanden und irgendwie eng vertraut waren. Wir haben spannende Gespräche geführt; alle waren neugierig, wie der andere in Helsinki, Ankara, Rio de Janeiro oder Johannesburg, Nairobi oder eben Peking lebt. Ein Fotoabend gab tolle Einblicke 🙂
Dadurch, dass ich bereits am Freitag anreisen konnte, hatte ich sogar Zeit für ein Wochenende mit Krissy in Köln. Wir trafen fast zeitgleich in Köln am HBF ein, Krissy aus Hannover mit dem Zug und ich von Frankfurt Flughafen kommend: große Umarmung und ein Gefühl, als wenn wir uns erst am Vortag getroffen hätten 🙂 Ganz vertraut! Wir hatten unser Hotel direkt im Studentenviertel, welches wir auch gleich noch unsicher machten. Ein kleines Restaurant und eine tolle Barista-Café-Bar bescherten uns einen schönen ersten Abend. Fahrradtour am Rhein bei sommerlichen Temperaturen, Picknick mit Blick auf die moderne Hafencity – Peking war ganz fern für mich, und ich konnte mich später in der Woche sogar am deftigen Essen und Kölschbier freuen. Also ein bisschen Ausspannen war auch dabei.
Radtour am Rhein
so viel Grün gibt es in Peking leider nicht – ein echter Genuss für mich!
Zwischendurch, nämlich Ende September bin ich mit meiner 11. Klasse noch auf Studienfahrt gewesen:
Es ging leider NICHT in die Bergregion von Xinjiang, ganz im Westen Chinas, nahe der Grenz zu Turkmenistan, weil die Fahrt zum Einen teuer, aber einigen auch zu abenteuerlich war – auch den Eltern. Somit wurde kurzfristig noch ein neues Ziel gesucht; es sollte in „Avatarberge“ gehen. Die Produzenten des Kinohits „Avatar“ sollen sich in der Region Zhangjiajies in der Provinz Hunnan haben inspirieren lassen – womit dort auch kräftig geworben wird.
Abgesehen davon, dass der Reiseveranstalter TUI dieses Mal von uns derbe gerügt wurde (und ich zwischenzeitlich die ganz Fahrt in Frage gestellt habe) waren die Reiseziele, die wir ansteuerten sehr sehenswert. Die zerklüfteten Sandsteinformationen wirkten mystisch auf uns, waren sie doch ständig nebelumwabert. Das Wandern über unzählige Stufen kannten wir bereits, machte aber deshalb nicht mehr Freude – aber wenigstens war genügend Bewegung im Programm. Eine Wildwassertour war natürlich das highlight für die Schüler, aber auch wir (5!) Kollegen hatten unseren Spaß mit pump-guns und Bad im sehr sauberen Gebirgsfluss.
Das Städtchen Fenghuang, welches über eine wirklich schön hergerichtete Altstadt verfügt, hatte es mir dann wirklich angetan. Man konnte die Minderheiten in ihrer traditionellen Kleidung und darin ganz alltägliche Arbeiten verrichten sehen. Sicher, einerseits wird hier ein Clichée bedient, ohne welches der Tourismus in dieser Region nicht funktionieren würde. Und doch sind es ja genau diese altertümlichen Lebensweisen, die interessant sind – auch wenn damit klar ist, dass der Fortschritt dort noch keinen Einzug erhalten hat und das Leben mehr als beschwerliche ist für diese Menschen. Berge von Kiwis werden dort mit der hand gepflückt und in mannshohen Bergen am Straßenrand aufgeschüttet; wir haben dem Handwerk zuschauen können…..wie Ingwerbonbons aus einer Melasse „gezogen“ werden und konnten alles probieren – mit mehr oder weniger beigesetztem Chili. Lecker!
Trotzdem bleibt ein Nachgeschmack, wenn wir zwei Strecken à 2,5h fliegen, zwei Mal 5 Stunden Bus fahren, aber mit schlechter Reiseleitung einfach wenig von dem kulturellen Eindruck hängen bleibt. Ich bin froh, dass meine Klasse hinterher reflektierte, dass ein Hotelaufenthalt nicht nötig sei – eine Jugendherberge wäre heimeliger und böte mehr Raum für Gruppenaktivitäten. Ich bin gespannt auf die Planung der Schüler im nächsten Jahr!
Und im Anschluss in die Klassenfahrtswoche, als die ganze Schule auf Achse war, hatten wir ja auch noch Besuch von meiner Mami! Sie hatte sich die schönste Reisezeit ausgesucht, denn die Herbstwochen von Mitte September bis Mitte Oktober sind einfach herrlich. Die auf der Stadt lastende Schwüle hat sich dann verzogen und wich einem traumhaft blauen Himmel, die Temperaturen steigen tagsüber immer noch auf gut 25 Grad und wir haben nach der Studienfahrt auch noch eine Woche Herbstferien. Somit war Mamis Einstieg ins chinesische Leben ganz sanft; wir hatten täglich Zeit und so eroberten wir die Stadt gemeinsam oder zeigten ihr unsere Lieblingsplätze. Wir probierten aber auch schon alle möglichen Verkehrsmittel aus, damit Mami in der Folgewoche vielleicht auch allein losziehen könnte. Und das tat sie dann tatsächlich: sie fuhr alleine Bahn, Taxi und sogar Bus – somit war sie unheimlich mobil und konnte in aller Ruhe durch die Verbotene Stadt schlendern. Damit meine ich natürlich, dass sie sich ihre Zeit selbst einteilen konnte, da wir sowieso in der Schule beschäftigt waren – denn ruhig war es dort natürlich nicht! Die Menschenmassen haben ihr schon Mühe gemacht oder sie sehr beeindruckt. Jedenfalls kam ihr nach dem Heimflug der stille Hirtenweg ganz unheimlich vor, weil niemand auf der Straße war.
Ich habe jedenfalls wunderschöne Tage mit meiner Mami genossen; wir haben die Mauer „erklommen“ , haben uns also wirklich durch den dicksten Busch geschlagen, um den Ausblick noch besser genießen zu können; wir sind ganz urtypisch chinesisch Essen gegangen, und Mami hat alles mitgemacht, ausprobiert – ist sehr neugierig auf unser Lebensumfeld gewesen. Welch schöner Familienbesuch!
So flogen die Wochen dahin. Und ich habe es kaum geschafft, monatliche Berichte zu schreiben……..(kein Wunder, wenn auch ich nun nachträglich lese, wie kurzweilig unser Leben hier ist)! Ob ich es im neuen Jahr besser schaffe?
Stephan und ich wunderen uns ständig, dass schon wieder eine Woche vorbei ist, wenn wir freitags nachmittags unseren heißgeliebten Café Latte trinken. Die Arbeitstage sind lang und intensiv. Die Arbeitsphasen zeitlich knapp, und nun steht auch noch die Bundländerinspektion ins Haus. Drückt uns mal die Daumen, damit wir als exzellente Auslandsschule zertifiziert werden!
Und in nur 3 Wochen stehen die Weihnachtsferien vor der Tür, und wir fliegen gen Heimat –(also nach H) allerdings nicht ohne auch selbst ein bisschen auszuspannen, deshalb werden wir vor Weihnachten noch eine Woche auf Lanzarote sein, über die Feiertage in NOM, über Silvester wohl in BUX und im neuen Jahr in KH.
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