Wieso, weshalb, warum dieser Abschnitt diesen Titel trägt, wird erst in ein paar Zeilen beantwortet….. – Ihr dürft ein bisschen raten. Bis dahin berichte ich ein wenig über meine kleinen, aber feinen Fortschritte im Chinesischlernen, meinen letzten dienstlichen Ausflug nach Singapur, das Jahr der Schlange und den damit verbundenen Ferien, gebe Euch allen (und uns selbst) einem Ausblick auf die nächsten Wochen und Monate!
Jeden Montag treffe ich mich fleißig mit meiner Lehrerin Zhao Lijuan (der zuletzt genannte Name ist ihr Vorname), und es macht mir zunehmend Spaß. Sie kommt zu mir nach hause, und ich mache uns Kaffee – wie zwei alten Bekannten, die sich zum Klönen treffen – ja, ich habe das Gefühl, dass wir uns inzwischen recht vertraut sind. Dadurch, dass ich mein Können in kleinen Sätzen, die den Alltag betreffen, ausprobiere, weiß Lijuan schon eine Menge über mich, Stephan, meine Arbeit und meine Hobbies. Im Gegenzug erzählt sie mir inzwischen ebenso Privates – das Wichtigste ist ihre Partnersuche, die sich für eine junge, gebildete Frau mit Hochschulabschluss, als schwer gestaltet. Da sie bereits 30 Jahre alt ist, relativ konservative Ansichten hat, was die Ehe und ihre Erwartungen an den Zukünftigen betrifft, ist es nicht so einfach einen adäquaten Partner zu finden. Sie möchte auf keinen Fall einen „Weiguoren“ (gesprochen: Wuai-guo-schen = einen Ausländer) heiraten, der ihr vielleicht einen Platz in der oberen Bevölkerungsschicht und einen gewissen Luxus bieten könnte. Sie liebt innere Werte, geht nicht gern in die modernen Cafés, wo sich die „high society“ tummelt, legt keinen Wert auf oberflächliche Äußerlichkeiten – das Zurschaustellen des eigenen Einkommens, indem teure Autos gefahren oder teure Uhren und/oder Handtäschchen getragen werden, sind ihr ein Dorn im Auge. Beständigkeit und Treue im Umgang miteinander sind ihr wichtig – Werte, die in ihren Augen, verloren gehen, da der Konsum regiert und er die Chinesen narzistisch macht.
Wir sprechen über meine Stundenplan, Stephans und meine Vorliebe Sport zu treiben (Radfahren, Tauchen usw…) die Art und Weise, wie unsere Schule geleitet wird, samt Vorstand, Rolle der Schulleiterin, Gehälter…. ich bin froh, dass wir nicht am Lehrplan meines Chinesischbuches kleben, sondern immer ein Thema finden, das wir beide interessant finden. Wir zeigten uns schon gegenseitig Familienfotos, was mich sehr berührt hat, denn sie kam mit schwarz-weiß Bildern ihrer Eltern, hat mir Bilder aus ihrer Schul- und Studentenzeit gezeigt. Tolle Einblicke in das chinesische Leben, das mir sonst, in unserem deutschen Umfeld, wenig zugänglich ist.
Ich kann inzwischen eine ganze Menge allein sprechen und sie auch verstehen – aber sie weiß natürlich auch, welches Vokabular auf fruchtbaren Boden bei mir fällt. Auf der Straße werde ich nicht immer verstanden, und bei Nachfragen, stehe ich natürlich auch auf dem Schlauch – trotzdem erschließe ich mir die Sprache langsam, aber sicher, und es macht mir Spaß, Neues zu lernen. Ich könnte ein wenig fleißiger sein, und vielleicht packt mich auch irgendwann der Ehrgeiz, die Zeichen zu lernen………das wird noch ein langer, harter Weg 🙂
Vor kurzem habe ich (erneut) festgestellt, wie gern ich hier an meinem Arbeitsplatz bin. Die Arbeitsphasen sind zwar immer intensiv: Wir haben lange Tage in der Schule und Wochenendtermine, aber durch meine neue Tätigkeit, Fortbildungen in Absprache mit den Schulleitern in ganz Ost- und Südostasien zu planen (zusammen mit meiner Kollegin in Singapur und dem Prozessbegleiter, der den Schulen in ihrer Entwicklung beratend zur Seite steht), erhalte ich neue Einblicke in die Gesamtorganisation des Auslandsschulwesens, die mir sonst nicht offen stünden. Dienstreisen zu unternehmen, die ebenfalls sehr arbeitsintensiv sind, aber auch unheimlich tolle Möglichkeiten bieten, sich zu vernetzen und auch andere Schulstandorte, deren Schulstrukturen, Probleme, aber auch Möglichkeiten kennenzulernen, empfinde ich als sehr bereichernd. Und natürlich ergeben sich auch Möglichkeiten, das Ziel kulturell oder kulinarisch zu erleben:
So bin ich im Januar auf ein Arbeitswochenende nach Singapur geflogen. Hinflug Donnerstag Nachmittag; Freitag und Samstag waren Arbeitstage; Samstag Abend Rückflug nach Peking! Flugzeit gut 6h (eine Strecke), über 30 Grad Temperaturunterschied!!! Es war ein echt arbeitsames Treffen, da wir zu dritt Themen für eine große Regionalkonferenz in Singapur im März vorbereiteten und eine weitere Fortbildung für April in Shanghai geplant haben. Trotzdem gab es Zeit um Essen zu gehen, einen Abend in der Stadt zu verleben – mit Ausblick auf die neue Skyline – und sich besser kennenzulernen bei Gesprächen bis nachts um 2 Uhr. Anstrengend und schön!
Das Jahr der Schlange habe ich mit einem Geschenk für Stephan eingeläutet: traditionell solten Geburtstagskinder (Stephan ist dem chinesischen Horoskop nach Schlange!) etwas Rotes am Neujahrstag tragen, und die Kleidung muss neu sein (die Chinesen sind wahnsinnig abergläubisch!). Also ging ich einkaufen, und tatsächlich gibt es dann in den Geschäften deutlich mehr rote Bekleidung zu kaufen – witzig, wirklich! Es wurde eine Trainingsjacke von NIKE, die ich ihm vor unserem Abflug auf die Philippinen schenkte. Am Flughafen war die Hölle los – viele Chinesen nutzen inzwischen die fast einzigen freien Tage des Jahres für den Urlaub, anstatt mit der Familie zu feiern. Peking wirkt etwa 4 Wochen lang (2 Wochen vor dem Neujahr und mind. 2 Wochen danach) wie ausgestorben: Die Statistik besagt, dass 10 Mio. Menschen die Stadt verlassen, um die Familie zu besuchen. Es ist nur schwer und unter großem Aufwand möglich, Zugtickets zu erhalten. Meine Chinesischlehrerin hatte mit Ach und Krach Fahrkarten für ihren Wunschtermin erhalten – sie fuhr über 24h mit einem Bummelzug in den Nordosten, unweit der russischen Grenze. Denselben Zug mit demselben Zeitaufwand hat sie auch zurück genommen….
Wir sind abgetaucht, wie im letzten Jahr, waren aber wirklich in abgelegenen Gewässern unterwegs….am Apo Reef – dem Riff, das nach dem großen Barriereriff in Australien, das größte der Welt ist. Der Katamaran, der uns beherbergte, schaukelte uns nachts unter dem glitzernden Sternenhimmel in den Schlaf – auch wenn die erste Nacht auf See weniger romantisch war, sondern eher unser Seetauglichkeit getestet hat.
Nun bricht die arbeitsame Zeit vor Ostern an, inklusive Abiturkorrekturen, an. Dienstlich werden wir beide ein bisschen unterwegs sein; Stephan wird nach Tokio reisen, um die nächsten Ostasienspiele für November mit weiteren Sportkollegen zu planen; ich werde nochmals in Singapur sein, bei der Regionalkonferenz zu welcher nicht nur alle Schulleiter aus Ost- und Südostasien kommen werden, sondern auch Vertreter aus der Zentrale für das Auslandsschulwesen (ZfA-Köln) und dem Auswärtigen Amt (Berlin). Aber auch die Osterferien sind schon geplant – wir werden auf Hawaii Radfahren…..mal die Ironmanstrecke testen; man weiß ja nie…… 🙂
Und mit dem Thema Radfahren kommt nun auch die Auflösung zur „Nr. 9“ – Stephan hat sich ein neues Rad gekauft – eines, das seiner Körpergröße endlich gerecht wird (was hier in China gar nicht so einfach ist), aber es wird als unser insgesamt 9. Fahrrad (inklusive unserer Räder in D) auch ein Test sein, ob solche Neuentwicklungen wirklich etwas taugen: dieses Klapprad der neusten Generation – nicht mehr hässlich, sperrig und ungelenk – präsentiert sich sportlich, äußerst wendig und praktisch, weil es in einer Tragetasche verstaubar ist, damit wir es im Taxi an den Stadtrand transportieren und dann von dort aus auf Radtour starten können. Wir werden berichten.
Zuletzt zeigt uns der Ausblick auf den Rest des Schuljahres, welches nun mit großen Schritten naht, dass wir schon fast zwei Jahre in Peking sind. Die Zeit vergeht schnell, ist intensiv und bereitet uns auch neben der Arbeit viel Freude, Vergnügen, aber auch graue Haare……..liegt es einfach daran, dass wir ein bisschen älter werden? Ergeht es Euch allen auch so? Verfliegt Eure Zeit? Wollt Ihr morgens auch mal ein kleines Facelifting haben? Werdet Ihr auch ein wenig eitler, was die Fältchen angeht? Mir geht es manchmal so!
Insgesamt haben Stephan und ich uns vorgenommen, die Zeit zu genießen und sind uns immer wieder bewusst, wie privilegiert wir doch sind. Kling positiv – ist es auch! Ich wünsche Euch ebenso Wohlbefinden, positive Gedanken, Gelassenheit (glaubt aber nicht, dass ich die immer habe!!!) und freut Euch an den kleinen Dingen, z.B. der frischen Luft, die ja scheinbar auch in D auf dem Prüfstand steht ……
P.S.: Bei uns wird es langsam aber sicher Frühling, letzte Woche haben wir bereits 2 (!) Mal in der Sonne Kaffee getrunken…..tagsüber haben wir schon bis zu 14Grad gehabt (nachts noch knapp unter Null), aber schon ab nächster Woche wird es nachts nicht mehr frieren. Und die ersten Blümchen stehen schon bei uns im Wohnzimmer 🙂