Daheim – vor unserer Abreise – haben wir eine Liste mit Themen erdacht , die wir unbedingt in der ersten Zeit in Peking erledigen, abarbeiten oder erreichen wollten. TOP 1 sollte natürlich eine neue Bleibe sein, in der wir uns heimisch fühlen wollen, wo wir auch mal abschalten können und die Exotik exotisch sein lassen können……irgendwann will man sich auch mal einigeln. Dann sind die eigenen 4 Wände enorm wichtig; alles Andere kann dann auch mal schlecht laufen – DORT möchte man wieder auftanken oder sich mal fallen lassen können. So haben wir unsere Wohnung in Hannover damals, nach unserer Rückkehr aus Jakarta, auch ausgewählt – und dort haben wir soooo gern gelebt! Der Abschied im Juli ist uns deshalb auch sehr schwer gefallen.
Die Wohnungssuche im Mai – beim ersten Besuch Beijings – schien fast kinderleicht, denn wir wollten ursprünglich eine Wohnung eine Lehrerpärchens übernehmen, die im Sommer nach D zurüchgekehrt ist.Trotzdem nahmen wir das Angebot der Schule, uns mit Maklern auf den Weg zu machen, gern an. Schließlich wollten wir wissen, was sonst noch so auf dem Markt war. Wir waren dann in Kleingruppen unterwegs und konnten unseren Augen kaum trauen, als wir sahen, was uns angboten wurde. Schimmelige Wände und abgerissene Tapeten, sowie heruntergekommenes Mobiliar waren noch die geringeren Mängel. In einer Wohnung lag sogar ein „Haufen“ im Klo……Dazu muss man wissen, dass in China Wohnungen recht abgewohnt übergeben werden. Es gibt keine Besenreinvorgabe oder eine renovierter Zustand-Klausel für den Nachmieter. Nach Absprache und Verhandlung mit dem Vermieter wird renoviert, nachgebessert oder neues/anderes Mobiliar gestellt. Gewohnt wird in der Stadt zumeist inWohnkomplexen, welche aus mehreren Wohngebäuden bestehen, die meistens um die 20 Stockwerke haben. Häufig säumt ein großzügiger Garten und/oder Kinderspielplatz die Anlage; Fitnessclubs+Schwimmbad sind manchmal angeschlossen. Jedenfalls sagten wir den Maklern nach der 3. oder 4. Wohnung, dass sie uns mal etwas Ansprechendes, qualitativ Hochwertiges zeigen mögen – oder zumindest eine saubere Wohnung, in welcher man sich vorstellen könne sofort einzuziehen…..
Im Juni stellte sich dann leider heraus, dass wir die angedachte Wohnung nicht würden übernehmen können, weil der Vermieter nicht wieder vermieten wolle. Also, aus der Traum vom schnellen Einzug und der Graus davor, doch etwas Adäquates finden zu müssen.
Aber , nun sind wir doch fündig geworden , und morgen schon, am Sonntag werden wir einziehen! Juchuuuuuu! —– Allerdings liegt auch ein hartes Stück Arbeit hinter uns:
Schon am Dienstag Nachmittag (kurz nach einer 3/4 Stunde Verschnaufpause nach dem Flug und der Reklamation des kaputten Radkoffers) hatten wir einen Maklertermin! Ca. 4 Stunden lang fuhren wir zu verschiedenen Wohnkomplexen, sog. „compounds“. Diese Maklerin hatten wir im Internet gefunden, weil besonders neue Wohnungen im Angebot waren und wir schon im Mai ein Auge auf den Komplex geworfen hatten . Susan (eigentlich ist sie Chinesin, aber es ist modern sich englische Vornamen zu geben), also Susan spricht recht gut Englisch und ging auch vollendes auf unsere Wünsche ein – jedenfalls haben wir keinen „Schrott“ zu Gesicht bekommen. Es waren eher höherwertige und hochpreisige Wohnungen! Und natürlich verliebten wir uns in den einen Compound – dort wurden viele verschieden Wohnungen mit den unterschiedlichsten Grundrissen angeboten, zw. 140 und 210 Quadratmeter, wobei die Chinesen etwas 10% draufschlagen (alle Hohlräume + Außenmauern werden mitgerechnet). Aber wir wollten ja nicht nur modern, sondern auch schulnah wohnen – sodass wir uns auch einiges in unmittelbarer Nähe anschauten. Am Mittwoch waren wir dann morgens mit der bereits bekannten Maklerin vom Mai unterwegs und nachmittags erneut mit Susan – wollte sie uns doch noch Weiteres zeigen! Doch es wollte sich keine Wohlgefühl einstellen……viele Wohnungen waren viel zu groß, sodass wir uns verlaufen würden, oder sie waren im amerikanischen, wuchtigen Stil eingerichtet, oder hatten keinen Stauraum für unser Sportequipment (aber auch nicht für ein paar Koffer) oder, der Zustand war einfach nicht der, den wir erwarten!
Nach mehreren Versuchen, willigte ein Vermieter einer Wohnung aus unserem Lieblingscompound SOHO auf unser Angebot hin ein. Hier ist es nämlich so, dass der Vermieter einen immer deutlich zu hohen Preis verlangt, und dann ist der Mieter im Zugzwang Angebote vorzulegen. Ein anstrengendes Unterfangen, wobei die Maklerin als Vermittlerin fungiert und man nie so genau weiß, ob sie für ihre eigene Provision arbeitet, oder der Marktpreis tatsächlich hoch ist. Noch viel schwieriger ist das natürlich hier, wo man sich weder auskennt, noch Ahnung hat!
Der SOHOkomplex ist nigelnagelneu! Und inzwischen haben wir gelernt, dass sowohl die hohe Marktnachfrage nach solchen modernen Wohnungen die Mieten steigen lässt, wie auch die enorm hohe Inflation. Die Miete ist also recht hoch, aber wir wollen es jetzt genau so, genau diese Wohnung und keine andere. Der Vertrag läuft für ein Jahr und bis dahin kennen wir uns besser aus und wollen vielleicht sowieso woandershin ziehen. Jetzt sind wir mitten im Leben, in der beliebten Sanlitun-Gegend im Chaoyang District. Bars, Restaurants, Shopping ohne Ende ist vor der Tür möglich, und trotzdem ist die Schule nur etwas 15-20min mit dem Rad entfernt, und im Winter können wir auch mit der U-Bahn 2 Stationen bis zur Schule fahren. Ideal für jetzt!!!! Und das beste ist, dass wir morgen einziehen!
Nachdem wir den Vertrag dann am Donnerstag mit der Maklerin und dem chinesischen Eigentümer unterschrieben hatten, ging die Aufregung erst richtig los, obwohl uns doch erst einmal ein Stein vom Herzen gefallen war. Denn das Interessante ist, dass man sich durch einen Wust von umständlichen Gängen zu Fuß zu den verschiedensten Stellen begeben muss. Man kann nicht einfach einziehen, denn man hat weder Strom, noch Gas, Wasser oder Internet. Fast jedes dieser nun doch recht notwendigen Angelegenheiten muss an einer anderen Stelle beantragt werden bzw. es muss ein Guthaben auf die jeweilige aufladbare Karte eingezahlt werden – und zur Polizei muss man auch noch, um sich dort anzumelden (hier kommt dann doch der Überwachungsstaat zum Vorschein!). Die Maklerin sicherte uns jedoch Unterstützung zu……wie schön, denn wir haben bereits einen neuen Kollegen getroffen, der eine Wohnung von einem Vorgänger übernommen, aber keine Ahnung davon hat, wie er an die so wichtigen Annehmlichkeiten gelangen kann.
Also verabredeten wir uns für Freitag (gestern)! Der Vermieter würde die Schlüssel für die Übergabe mitbringen, und wir könnten dann gemeinsam alle Anmeldungen vornehmen. Um es kurz zu machen: geschlagene 4 Stunden haben wir miteinander verbracht. Wir erhielten insgesamt 11 Schlüssel (3 für unser Schlafzimer – 2 für das Gästezimer – 3 für den Balkon, der nicht als solcher nutzbar ist, weil dort das riesige Rohr der Klimaanlage steht – 2 Briefkastenschlüssel – 1 Wohnungsschlüssel) Falls ihr euch fragt, wozu man die Schlafzimmerschlüssel brauchen könnte ….?????Keine Ahnung! Jedenfalls wird auch noch der Wohnungsschlüssel ausgewechselt, sodass wir eigentlich nichts gewonnen hatten, denn aufgrund der forgeschrittenen Zeit, waren die Banken schon zu, und wir konnten Gas/Wasser/Stromkarten nicht mehr aufladen. Nur der Gang zur Polizei wurde erledigt, nur müssen wir dort nochmals auftauchen, sobald unsere endgültiges Visum mit Aufenthaltsgenehmigung ausgestellt ist. Wir waren also abermals erst um 21h im Hotel und hatten nur einen weiteren Termin für heute vereinbart.
Unglaublich wieviel Zeit für das Erledigen all der vielen Gänge benötigt wird. Alles dauert…..und dauert und dauert -wir hatten schon viel darüber gelesen, aber es selbst zu erleben ist einfach unglaublich!
Heute ging dann Wilson (Susans unheimlich netter und deutlich weltgewandterer Kollege) mit uns zu allen Örtlichkeiten – oder fast allen. Dazu noch zur Erklärung: Wasser wird nicht einfach nur bezahlt. Man muss heißes Wasser bar bei dem Management des Komplexes bezahlen, das Toilettenwasser, sprich: Brauchwasser muss per Karte aufgeladen werden und für das kalte Wasser kommt eine Rechnung; Gas kann ausschließlich bei der Beijing Bank bezahlt werden, alles andere kann man per Geldkarte jedes anderen Instituts bezahlen. Wir mussten uns alles aufschreiben – das kann sich doch kein Mensch merken! Zum Glück bekommt man für einige fast verbrauchte Kontingente eine schriftliche Nachricht vom Gebäudemanagement, damit man nicht plötzlich ohne Licht dasteht! —-Wir haben zwar nicht alle Gänge heute erledigt und müssen morgen kalt duschen, weil samstags keine heißes Wasser bezahlt werden kann, aber wir sind ganz, ganz zufrieden, dass wir TOP 1 abgearbeitet haben. Anbei findet Ihr noch den Grundriss:
– Fotos in Echtzeit folgen, aber dafür hatte ich heute einfach keine Zeit ihr Lieben 🙂
Außerdem haben wir es heute noch geschafft, ganz wichtige Dinge bei IKEA zu besorgen – und das war dann wieder ein ganz anderes Erlebnis….. Details und wirklich sehenswerte Fotos werden Folgen; es war ein Heidenspaß!!!
Liebe Grüße und bis bald, Montag beginnt unsere Vorbereitungswoche, sodass wir auch bald – wie Ihr auch – wieder beruflich unterwegs sein werden 🙂 in ganz neuen Strukturen mit neuen Kollegen 🙂
Wir freuen uns darauf, sind aber auch froh, dass wir vorher noch sesshaft werden konnten!!!
Hey Susanna,
das klingt alles wahnsinnig aufregend und spannend. Ich wünsche Euch alles Gute und hoffe weiterhin, dass Ihr fleißig schreibt, sodass man viel erfährt und ein wenig von dieser anderen Welt erfährt. Viele liebe Grüße, Thore. 🙂
Boah, was für ein Aufwand. Man glaubt es kaum. Ihr habt bestimmt einen super Ausblick, sogar beim (kalt) Duschen 😉 TOLL. Sind schon auf euren nächsten Bericht gespannt.
Viele liebe Grüße
Gerald und Carola